Ladungs- und Energiespeicher

Aus SystemPhysik

Elektrische Ladung kann kaum gespeichert werden, weil das von der Ladung erzeugte Feld extrem stark ist. Würde man die Natrium- und Chlorionen von nur einem Gramm Kochsalz trennen und separat auf den Nordpol bzw. dem Südpol der Erde bringen, würden sich diese beiden Teile des Kochsalzes mit 150 N anziehen.

Ladung kann umso besser gespeichert werden, je kleinräumiger und schwächer das zugehörige Feld ist. Elektrische Kondensatoren sind deshalb so gebaut, dass das von der Ladung erzeugte Feld möglich geschwächt und in seiner räumlichen Ausdehnung weitgehend begrenzt wird.

Lernziele

In dieser Vorlesung lernen Sie

  • was man in der Elektrodynamik unter einer Kapazität versteht und in welcher Einheit diese gemessen wird
  • wie ein Kondensator aufgebaut ist
  • wie Kondensatoren im Flüssigkeitsbild darzustellen sind
  • wie man die Kapazität eines Platten- und eines Kugelkondensators berechnet
  • wie ein zum Kondensator analoges hydraulisches Gerät aussieht
  • wie die von Kondensatoren gespeicherte Energie zu berechnen ist

Kapazität einer Kugel

In den einführenden Experimenten haben wir isolierte Metallkugeln mit einem geriebenen Glasstab geladen oder mit einem geriebenen Bernstein entladen. Die mit den Kugeln verbundenen Elektrometer zeigten dann das zugehörige Potenzial, die Spannung gegen Erde, an. Nun kann man auf eine grosse Kugel mehr Ladung bringen als auf eine kleine, weil die grosse Kugel über mehr Kapazität als die kleine verfügt. In der Elektrodynamik wird die Kapazität analog zur Hydrodynamik definiert. Die Kapazität ist gleich dem Verhältnis von gespeicherter Ladung zu der dadurch verursachten Spannung

[math]C=\frac{Q}{U}[/math]

Die Kapazität wird in Coulomb pro Volt gemessen. Diese Einheit wird nach Michael Faraday Farad (F) genannt

1 F = 1 C/V = 1 As/V
geladene Körper im Flüssigkeitsbild

Im falle der Metallkugel (es könnte auch ein anders geformter Körper sein) ist die Spannung immer gegen Erde zu nehmen. Weil die umgebenden Körper das zugehörige elektrische Feld beeinflussen, wirken sich diese auch auf das Potenzial der Kugel aus. Befindet sich die Metallkugel (Radius r) weit weg von allen andern Leitern, kann für deren Kapazität eine einfache Formel angegeben werden

[math]C=4\pi\varepsilon_0 r[/math]

Epsilon ist die elektrische Feldkonstante (ε0 = 8.854 10-12 F/m). Interessanterweise nimmt die Kapazität einer Kugel nicht proportional zum Volumen oder zur Oberfläche sondern linear mit dem Radius zu. Um dies zu zeigen, muss man mehr von elektrischen Feldern verstehen.

Der Zusammenhang zwischen Ladung, Kapazität und Potenzial lassen sich sehr schön im Flüssigkeitsbild darstellen. Stellt man sich die Ladung als Flüssigkeit, die Körper als zylindrische Gefäss und die Kapazität als Querschnitt dieser Gefässe vor, verwandelt sich das Potenzial in eine Füllhöhe. Die Ladung kann dann als Kapazität mal Potenzial (Grundfläche mal Höhe) geschrieben werden.

Kondensatoren

Umhüllt man eine elektrisch geladene Metallkugel mit einer zweiten, die geerdet ist, fliess von der zweiten Kugel gleich viel Ladung weg, wie auf der ersten gespeichert ist. Dieses Phänomen, Influenz genannt, führt dazu, dass ausserhalb der beiden Kugeln kein elektrisches Feld mehr nachzuweisen ist. So erreicht man zwei Dinge: erstens stört das eingeschlossene Feld keine andern Systeme im Aussenraum und zweitens wird das elektrische Feld räumlich begrenzt, was die Kapazität beträchtlich erhöht. Die Kapazität eines Kugelkondensators (zwei konzentrische Kugeln mit je einem Anschluss) ist gleich

[math]C=4\pi\varepsilon_0\frac{r_2r_1}{r_2-r_1}[/math]

wobei mit r1 der Aussenradius der Innenkugel und mit r2 der Innenradius der Aussenkugel gemeint ist. Auf der Innenkugel sitzt die Ladung auf der Aussenfläche und auf der Aussenkugel auf der Innenfläche, weil sich das elektrische Feld nur über den Zwischenraum erstreckt (ein elektrisches Feld in den Metallteilen würde gemäss dem Ohmschen Gesetz einen Strom antreiben).

Kondensator mit Dielektrikum

Je kleiner der Spalt zwischen den beiden Kugeln (r2 - r1), desto kürzer das Feld, desto kleiner die Spannung bei gegebener Ladung und um so grösser die Kapazität. Wählt man den Spalt immer enger, darf die Spannung zwischen den beiden Kugeln nicht zu gross werden, weil die Elektronen durch das starke Feld heraus gerissen werden können und so einen Kurzschlussstrom bilden, der die Ladung ausgleichen. Um diesen Kurzschluss zu verhindern, füllt man den Zwischenraum mit einem Material, dem Dielektrikum, aus. Mit dem Dielektrikum erhöht man nicht nur die maximal möglich Spannung, sondern schwächt auch noch das durch die Ladung erzeugte Feld ab. Den Einfluss des durch das Dielektrikum verursachte Schwächung des elektrischen Feldes wird mit der Dielektrizitätszahl beschrieben. Das Produkt aus elektrischer Feldkonstante (ε0) und Dielektrizitätszahl (εr) nennt Dielektrizitätskonstante (ε)

[math]\varepsilon=\varepsilon_r\varepsilon_0[/math]

Diese Konstruktion mag etwas kompliziert tönen, hat aber den Vorteil, dass die Kapazitäten der Kondensatoren im Vakuum berechnet und können. Ist der Zwischenraum mit einem Dielektrikum gefüllt, schreibt man überall statt ε0 nur ε.

Bläht man die innere Kugel des Kugelkondensators auf die Grösse der Erde auf, wird das elektrische Feld im Zwischenraum analog dem Gravitationsfeld der Erde ziemlich homogen. Schneidet man ein Stück des Kugelkondensators aus, erhält man einen Plattenkondensator mit der Kapazität

[math]C=\varepsilon_r\varepsilon_0\frac{A}{d}[/math]

wobei A für die Fläche der einen Platte und d für den Abstand zwischen den Platten steht.

hydroelektrische Analogie

hydraulischer Kondensator

Der Kondensator speichert netto keine elektrische Ladung, weil sich die Ladung auf seinen beiden Teilen zu Null kompensiert. Das elektrische Feld, das beim Laden des Kondensators aufgebaut wird, erstreckt sich denn auch nur zwischen den beiden Metallteilen oder über eine Oxidschicht. Fliesst in einem der beiden Anschlüsse ein elektrischer Strom zu, geht im andern Anschluss genau der gleich starke Strom weg. Von aussen könnte man meinen, dass der elektrische Strom nur so durchfliesst. Doch mit der geflossenen Ladung Q steigt auch die Spannung U über den beiden Anschlüssen. MitQ meint man immer die geflossene oder auf einem Teil des Kondensators gespeicherte Ladung.

Das hydraulische Analogon ist nebenstehend skizziert. Pumpt man die Flüssigkeit mit dem Volumen Δ V auf der einen Seite hinein, steigt der Druckunterschied zwischen den beiden Anschlüssen um Δ p. Das Verhältnis zwischen Δ V und Δ p ist die hydraulische Kapazität. Die hydraulische Kapazität ist konstant, solange sich die Federn linear verhalten. Das Gesamtvolumen dieses hydraulischen Speichers bleibt wie die elektrische Ladung des Kondensators konstant. Was auf der einen Seite hineinkommt, geht auf der andern augenblicklich wieder weg.

Energiespeicher

Der Begriff Kapazität, welcher das Verhältnis zwischen geflossener Ladung und Änderung der Spannung beschreibt, kann auch direkt auf den Strom angewendet werden. Dazu formulieren wir die Bilanz bezüglich der einen Hälfte des Kondensators (Strom ist gleich Änderungsrate der Ladung) und ersetzen die Ladung durch Kapazität mal Spannung. Dann ist der Strom gleich Kapazität mal Änderungsrate der Spannung

[math]I=C\dot U[/math]
Ladungsausgleich im Flüssigkeitsbild

Schickt man einen konstanten Strom durch den Kondensator, steigt die Spannung linear in der Zeit. Damit steigt die Leistung ebenfalls kontinuierlich an. Die vom Stromkreis auf das elektrische Feld des Kondensators übertragene Energie ist deshalb gleich mittlere Spannung mal geflossene Ladung oder halbe Endspannung mal geflossene Ladung.

[math]W=\frac{U}{2}Q=\frac{C}{2}U^2=\frac{Q^2}{2C}[/math]

Wieder hilft uns das Flüssigkeitsbild den Sachverhalt besser zu verstehen. Denken wir uns den einen Teil des Kondensators geerdet, dann erscheint der andere als Topf im Flüssigkeitsbild. Um Flüssigkeit aus einem grossen See in ein im See stehendes Reservoir zu pumpen, muss die am Schluss im Reservoir vorhandene Flüssigkeit um die halbe Höhe (Lage des Schwerpunktes) angehoben werden.

Mit dem Flüssigkeitsbild wird die folgende Frage zu einem Kinderspiel. Ein Kondensator mit der Kapazität C1, der bis auf die Spannung U1 aufgeladen worden ist, wird mit einem zweiten Kondensator (Kapazität C2, Spannung U2) verbunden. Wieder denken wir uns die eine Seite geerdet. Dann sieht der Ausgleichsvorgang wie im nebenstehenden Bild skizziert aus und die dissipierte Energie ist gleich geflossene Ladung mal mittlere Fallhöhe.

RC-Glied

Systemdiagramm einer Kondensatorentladung

Schliesst man einen geladenen Kondensator (Kapazität C) über einen Widerstand R kurz, entlädt sich der Kondensator vollständig und die von ihm gespeicherte Energie wird im Widerstand dissipiert. Das Systemdiagramm dieses Vorgangs lässt sich mit etwas Übung schnell zeichnen

  • Ladungsbilanz bezüglich des nicht geerdeten Teils
  • Potenzial mit Hilfe der Kapazität rechnen
  • Potenzial treibt den Strom entsprechend des Widerstandes
  • Leistung und Energie als zweite Ebene (Buchhaltung) hinzufügen

Öffnet man das Gleichungsfenster im Simulationswerkzeug BerkeleyMadonna, kann man die Gleichungen herauslesen. Lässt man die Energiebetrachtung weg, kann der Rest in eine einzige Gleichung umgeformt werden

[math]U+RC\dot U=0[/math]

Diese Gleichung hat eine einfache Lösung. Lädt man den Kondensator vorher auf Ua auf, folgt der zeitliche Verlauf der Spannung einer Exponentialkurve

[math]U=U_ae^{-t/\tau}[/math]

τ heisst Zeitkonstante. Der Wert der Zeitkonstanten ist gleich dem Produkt aus Widerstand und Kapazität (τ = RC). Würde der Entladestrom so stark wie am Anfang bleiben, wäre der Kondensator nach einer Zeitkonstante leer. Mit zwischengeschaltetem Widerstand fällt die Spannung und damit auch die Ladung auf den e-ten Teil ab.

Der elektrische Strom geht infolge des Ohmschen Gesetz bezüglich des Widerstandes ebenfalls exponentiell zurück. Die Leistung im Widerstand geht deshalb mit doppelter Zeitkonstanten zurück

[math]P=UI=P_ae^{-2t/\tau}[/math] mit [math]P_a=\frac{U_a^2}{R}[/math]

In Natur und Technik findet man viele dynamische Vorgänge, die analog zum Entladen eines Kondensators verlaufen.