Carnotor: Unterschied zwischen den Versionen

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Der von ''Sadi Carnot'' eingeführte [[Carnot-Prozess|Zyklus]] wird heute noch dazu verwendet, den Begriff [[Entropie]] einzuführen. Doch fast zweihundert Jahre nach der Veröffentlichung der genialen Schrift von Carnot sollte man nicht mehr so tun, als ob die Entropie erst vor kurzem entdeckt worden sei. Die [[Entropie]] ist die [[Primärgrösse|grundlegende Menge]] der [[Thermodynamik]]. Die Entropie muss deshalb nicht mühsam mit Hilfe des [[Carnot-Prozess]]es hergeleitet werden. Soll dieser Prozess und weitere Zustandsänderungen des idealen Gases dennoch besprochen werden, kann man dies mit Hilfe des '''Carnotors''' tun. Der Carnotor ist eine virtuelle Maschine, die an der [[ZHW]] entwickelt worden ist, um das Verhalten der Gase mit Hilfe von systemdynamischen Werkzeugen zu modellieren. Selbstverständlich kann der Carnotor mit irgendeinem homogenen Stoff bestückt werden, falls die Stoffeigenschaften durch die [[Zustandsgleichung]]en beschrieben sind. Wie man den Carnotor Schritt für Schritt aufbaut, ist im Artikel [[SD-Modell des idealen Gases]] dargelegt.
 
Der von ''Sadi Carnot'' eingeführte [[Carnot-Prozess|Zyklus]] wird heute noch dazu verwendet, den Begriff [[Entropie]] einzuführen. Doch fast zweihundert Jahre nach der Veröffentlichung der genialen Schrift von Carnot sollte man nicht mehr so tun, als ob die Entropie erst vor kurzem entdeckt worden sei. Die [[Entropie]] ist die [[Primärgrösse|grundlegende Menge]] der [[Thermodynamik]]. Die Entropie muss deshalb nicht mühsam mit Hilfe des [[Carnot-Prozess]]es hergeleitet werden. Soll dieser Prozess und weitere Zustandsänderungen des idealen Gases dennoch besprochen werden, kann man dies mit Hilfe des '''Carnotors''' tun. Der Carnotor ist eine virtuelle Maschine, die an der [[ZHW]] entwickelt worden ist, um das Verhalten der Gase mit Hilfe von systemdynamischen Werkzeugen zu modellieren. Selbstverständlich kann der Carnotor mit irgendeinem homogenen Stoff bestückt werden, falls die Stoffeigenschaften durch die [[Zustandsgleichung]]en beschrieben sind. Wie man den Carnotor Schritt für Schritt aufbaut, ist im Artikel [[SD-Modell des idealen Gases]] dargelegt.
 
==ideales Gas==
 
Das Modell des [[ideales Gas|idealen Gases]] beschreibt den Zustand von stark verdünnten Stoffen, wobei die Wechselwirkung zwischen den Teilchen dieses Stoffes vernachlässigbar klein sein sollte. Sämtliche Gleichgewichtszustände des idealen Gases können mit Hilfe von zwei Zustandsgleichungen beschrieben werden.
 
 
Die thermische Zustandsgleichung oder das universelle Gasgesetz verknüpft vier Grössen, die [[Temperatur]], den [[Druck]], das [[Volumen]] und die [[Stoffmenge]] miteinander
 
 
:<math>pV=nRT</math>
 
 
Als zweite Zustandsgleichung nimmt man anstelle der kalorischen mit Vorteil die entropische. Sie beschreibt, wie die [[Entropie]] vom Volumen und der Temperatur abhängt
 
 
:<math>S=S_0 + n (R ln \frac {V}{V_0} + \hat c_V ln \frac {T}{T_0})</math>
 
 
Die Entropie nimmt logarithmisch mit dem Volumen und der Temperatur zu und ist proportional zur Stoffmenge. Auf ein Mol bezogen bildet die universelle Gaskonstante ''R'' den Proportionalitätsfaktor für den volumenmässige und die molare [[Wärmekapazität]] den Faktor für den thermischen Zuwachs an Entropie.
 
   
 
==Aufbau und Funktion==
 
==Aufbau und Funktion==

Version vom 31. Juli 2008, 06:38 Uhr

Der von Sadi Carnot eingeführte Zyklus wird heute noch dazu verwendet, den Begriff Entropie einzuführen. Doch fast zweihundert Jahre nach der Veröffentlichung der genialen Schrift von Carnot sollte man nicht mehr so tun, als ob die Entropie erst vor kurzem entdeckt worden sei. Die Entropie ist die grundlegende Menge der Thermodynamik. Die Entropie muss deshalb nicht mühsam mit Hilfe des Carnot-Prozesses hergeleitet werden. Soll dieser Prozess und weitere Zustandsänderungen des idealen Gases dennoch besprochen werden, kann man dies mit Hilfe des Carnotors tun. Der Carnotor ist eine virtuelle Maschine, die an der ZHW entwickelt worden ist, um das Verhalten der Gase mit Hilfe von systemdynamischen Werkzeugen zu modellieren. Selbstverständlich kann der Carnotor mit irgendeinem homogenen Stoff bestückt werden, falls die Stoffeigenschaften durch die Zustandsgleichungen beschrieben sind. Wie man den Carnotor Schritt für Schritt aufbaut, ist im Artikel SD-Modell des idealen Gases dargelegt.

Aufbau und Funktion

Bestandteile des Carnotors

Der Carnotor ist eine ideale Maschine, welche das Verhalten eines homogenen Stoffes unter Zu- oder Abfuhr von Entropie bzw. unter Kompression oder Expansion modelliert. Der Carnotor lässt sich auf vier Arten beschalten. So kann je einer der vier Basisprozesse (isochor, isobar, isentrop und isotherm) simuliert werden. Sofern die konstitutiven Gesetzte bekannt sind, darf der Carnotor mit einem beliebigen, homogene Stoffe betrieben werden.

Der Carnotor besteht aus einem beidseits geschlossenen Zylinder, der durch einen frei verschiebbarer Kolben in zwei Kammern unterteilt wird. Die eine Kammer ist mit dem zu untersuchenden, flüssigen oder gasförmigen Stoff gefüllt. In der zweiten Kammer befindet sich eine ideale Hydraulikflüssigkeit (inkompressibel, keine Zähigkeit), die nachfolgend als Fluid bezeichnet wird. Zylinder und Kolben sind isoliert, lassen also keine Wärme durch. Einzig ein Stück des Zylinderbodens ist für die Wärme durchlässig. Durch diese Verbindung (thermischer Port) kann der Stoff Wärme leitend mit der Umwelt (Wärmebad) oder mit einer Wärmepumpe verbunden werden. Der Zylinderdeckel weist einen hydraulischen Anschluss (hydraulischer Port) auf. Über diesen Port kann eine zweite Verbindung zur Umwelt (Ausgleichsbecken) oder zu einer Hydraulikpumpe hergestellt werden.

thermische und mechanische Ports

Die über den thermischen Port fliessende Entropie und das über den hydraulischen Port ausgetauschte Volumensind je nach Temperatur und Druck mit Energie beladen (der Druck ist das hydraulische und die Temperatur das thermische Potenzial)

[math]I_{W_{th}}=TI_S[/math]
[math]I_{W_{hyd}}=pI_V[/math]

Diese Energie entstammt teilweise der Umwelt, kann aber auch durch eine Wärmepumpe oder eine hydraulische Pumpe auf den Entropie- bzw. Volumenstrom aufgeladen werden (Prozessleistung).

Basisprozesse

Die vier grundlegenden Prozesse der Thermodynamik hängen nun nur noch von der Beschaltung der beiden Ports ab.

Prozess thermischer Port hydraulischer Port
isochor aktiv geschlossen
isobar aktiv offen
isotherm offen aktiv
isentrop geschlossen aktiv

Systemdynamisches Modell

Das Systemdiagramm des Carnotors

Das systemdynamische Modell geht von der Entropie- und der Volumenbilanz aus (bilanziert wird das Volumen der Flüssigkeit). Die beiden Potenziale, die Temperatur und der Druck, werden mit Hilfe der beiden Zustandsgleichungen ermittelt. Die Energie bildet wie überall in der Physik eine zweite Ebene. Aus den beiden zugeordneten Energieströmen wird die innere Energie berechnet. Die Enthalpie und die freie Energie werden a posteriori ermittelt. Alternativ hätte man auch zuerst die Wärme und die Arbeit bestimmen und daraus die innere Energie berechnen können.

Das abgebildete Systemdiagramm zeigt folgende Elemente

  • ganz links und unten: Anfangswerte und Parameter
  • untere Bilanzebene links: Entropiebilanz mit aktivem oder passivem Entropiestrom (nicht fertig modelliert)
  • untere Bilanzebene rechts: Volumenbilanz mit aktivem oder passivem Volumenstrom (nicht fertig modelliert)
  • Mitte: Berechnung der Potenzialgrössen Temperatur und Druck
  • ober Bilanzebene: Energiebilanz und Umrechnung in freie Energie und Enthalpie

Im Gegensatz zur üblichen quasistatischen Diskussion der vier grundlegenden Prozesse, kann man nun beim aktiven Port des Carnotors eine beliebige Stromstärke aufschalten (Entropiestrom- oder Volumenstrom-Zeit-Funktion). Der passive Port muss dann entweder offen oder geschlossen sein. Ist der thermische Anschluss aktiv und der hydraulische geschlossen, liegt ein isochorer Prozess vor. Bei aktivem hydraulischen und geschlossenem thermischen Port findet ein isentroper Prozess statt. Der isotherme (hydraulischer Anschluss aktiv) und der isobare (thermische Anschluss aktiv) Prozess lassen sich nur indirekte modellieren. Um die Temperatur oder den Druck auf einem konstanten Wert zu halten, muss der zugehörige Port Wärme leitend (isotherm) bzw. Volumen leitend (isobar) mit der Umgebung verbunden werden. Im Idealfall der reversiblen Prozessführung müsste der jeweilige Leitwert gegen unendlich streben. Sehr grosse Leitwerte führen aber zu numerischen Problemen.

Simulation

Druck (schwarz) und Temperatur (rot)

Die vier Basisprozesse isochores oder isobares Heizen bzw. Kühlen sowie isentropes oder isothermes Komprimieren bzw. Expandieren können mit dem Carnotor bei entsprechender Beschaltung und Steuerung problemlos simuliert werden. Ein wenig aufwändiger gestaltet sich die Simulation von Kreisprozessen wie den Carnot-Zyklus, den Stirling-Zyklus oder den Joule-Zyklus. Verbindet man die beiden Ports über je einen Leitwert mit der Umgebung (konstante Temperatur und Druck), kann ein Ausgleichsprozess simuliert werden, falls sich die Startwerte für Druck und Temperatur von den Umgebungsbedingungen abweichen. Die Graphik zeigt das Temperatur-Zeit- und das Druck-Zeit-Verhalten ein solchen Prozesses.

Das mit Hilfe des Carnotors modellierte Gas lässt sich mit weiteren Elementen zu dynamischen Systemen kombinieren.