Zentrifugalfeld

In einem rotierenden Bezugssystem sind zwei zusätzliche, gravitationsähnliche Trägheitskräfte, die Zentrifugalkraft und die Corioliskraft einzuführen. Die Zentrifugalkraft hängt nur vom Ort und die Corioliskraft nur von der Geschwindigkeit des Körpers relativ zum gewählten Bezugssystem ab. Die Zentrifugalkraft kann als Masse mal Stärke eines Zentrifugalfeldes geschrieben werden

[math]\vec F_Z=m\vec g_Z[/math]

wobei die Stärke des Zentrifugalfeldes linear mit Radius, dem Abstand von der Drehachse des rotierenden Systems, ansteigt

[math]\vec g_Z=\omega^2 \vec r[/math]

Das Zentrifugalfeld besitzt ein Potenzial. Falls man den Nullpunkt auf der Drehachse wählt, gilt

[math]\varphi_Z=-\frac{\omega^2}{2}r^2[/math]

Im rotierenden Bezugssystem nimmt die potentielle Energie quadratisch mit dem Abstand von der Drehachse ab.

rotierendes Gefäss

rotierendes Wasserglas

Läss man ein mit Wasser gefülltes Gefäss um eine senkrecht ausgerichtete Achse rotieren, steigt die Wasseroberfläche an den Rändern des Gefässes hoch, bis sich eine relativ zum Gefäss ruhende, konkave Oberfläche ausgebildet hat. Welche Form weist diese Fläche auf?

Eine im System ruhende Wasseroberfläche richtet sich immer normal zum lokal nachweisbaren Gravitationsfeld aus. Im rotierenden Gefäss setzt sich das Gravitationsfeld aus dem recht homogenen Feld der Erdoberfläche und dem Zentrifugalfeld zusammen. Bezüglich den Zylinderkoordinaten h und r nehmen die Komponenten dieses Gravitationsfeldes folgende Gestalt an

[math]\begin{pmatrix}g_h\\g_r\end{pmatrix}=\begin{pmatrix}g\\\omega^2r\end{pmatrix}[/math]

Das zugehörige Potenzial ist gleich

[math]\varphi_G=gh-\frac{\omega^2}{2}r^2[/math]

Nun ist jede Fläche, die überall normal zur Gravitationsfeldstärke verläuft eine Fläche gleichen Potenzials (Äquipotenzialfläche). Die Oberfläche einer ruhenden Flüssigkeit bildet deshalb immer eine Äquipotenzialfläche des lokal nachweisbaren Gravitationsfeldes aus. Im rotierenden Gefäss ist die Äquipotenzialfläche ein Rotationsparaboloid, das durch die Funktion

[math]h(r)=h_0+\frac{\omega^2}{2g}r^2[/math]

Gravitropismus

Katzengras auf rotierendem Teller

Gravitrope Pflanzen sind in der Lage, ihre Organe durch Wachstumskrümmung in eine bestimmte Richtung zum Gravitationsfeld zu bringen. Dies ermöglicht es z. B. einer Fichte an einem Hang eine aufrechte Haltung einzunehmen. Positiv gravitrop sind demnach Organe, die sich auf den Erdmittelpunkt zubewegen (z. B. Hauptwurzeln), während sich negativ gravitrope Organe von ihm wegbewegen (z. B. Hauptsprosse, Fruchtkörper der Hutpilze).

Säht man schnell wachsendes Gras auf einem rotierenden Teller aus, richten sich ihre Halme nach dem auf dem Teller nachweisbaren Gravitationsfeld aus. Am äusseren Rand des Tellers wachsen die Halme stark nach innen geneigt, im mittleren Teil richten sie sich parallel zur Drehachse aus.

künstliche Gravitation

Lange Aufenthalte in der Schwerelosigkeit können zu gesundheitlichen Problemen führen. Knochen werden abgebaut, die Muskelmasse schwindet und es können Herz-Kreislauf-Probleme. Dieser Nachteil langer Weltraumflüge lässt sich mittels eines rotierenden Raumschiffes wett machen. Ein dazu geeignete Raumstation hat die Form eines riesigen Wagenrads. Die Bewohner leben dann auf der Innenseite der Lauffläche und werden durch das Zentrifugalfeld nach aussen gedrückt.

Damit das Zentrifugalfeld für die Bewohner gleich stark ist wie das Gravitaitonsfeld der Erde, muss die Raumstation mit einer ganz bestimmten Drehzahl rotieren. Für die Umlaufzeit gilt

[math]T=\frac{2\pi}{\omega}=2\pi\sqrt{\frac{r}{g}}[/math]

Bei einem sehr grossen Raumschiff könnte man ein erdähnliches Zentrifugalfeld erzeugen. Bei kleinen Raumschiffen muss die Winkelgeschwindigkeit ziemlich gross gemacht werden. Dann könnte die Corioliskraft das Wohlbefinden der Bewohner beeinträchtigen.