Relativitätsprinzip
Das Relativitätsprinzip geht auf Galileo Galilei zurück. Galilei formulierte sein Prinzip anhand der Frage, ob ein an Bord eines fahrenden Schiffes fallen gelassener Körper senkrecht oder schief fällt. Albert Einstein hat die Frage auf die Elektrodynamik ausgedehnt und daraus eine wegweisende Schlussfolgerung gezogen.
Mechanik
Galilei
Die Argumentation von Galilei kann in eine etwas zeitgemässere Geschichte verpackt werden. Ein Hausboot fährt mit konstanter Geschwindigkeit durch einen Kanal an einem Sportplatz vorbei. Auf dem Boot wirft Barbara einen Ball mehrmals senkrecht nach oben. Beat sitzt daneben im Liegestuhl und schaut sich um. Auf dem Sportplatz wirft Sarah den Ball und Severin ruht sich im Liegestuhl aus.
Da Beat auf Backbord sitzt und der Sportplatz Steuerbord vorbei gleitet, kann Beat für kurze Zeit beide Bälle vor dem stahlblauen Himmel sehen. Der Ball von Barbara steigt vertikal auf, der Ball von Sarah weicht nach hinten aus. Zur gleichen Zeit wirft Severin einen Blick auf die beiden Bälle. Er sieht, wie der Ball von Sarah senkrecht und der von Barbara schief nach vorne aufsteigt.
Diese Relativität zwischen Sportplatz und Hausboot ist symmetrisch und viel umfassender als das Beispiel mit den Bällen suggeriert. Würde das Hausboot ganz ruhig dahingleiten, könnte Beat bei geschlossenen Augen nicht feststellen, wie sich das Boot bewegt, oder ob es sogar ruht. Auch Severin kann die Augen schliessen und sich einbilden, dass er bei Barbara auf dem Hausboot vor sich hin döst.
Punktmechanik
Das Grundgesetz der Punktmechanik, die Impulsbilanz, besagt, dass die Summe über alle Kräfte gleich Masse mal Beschleunigung ist. Nun ändert sich die Beschleunigung nicht, wenn man sie auf ein zweitees System bezieht, das sich mit v0 gleichförmig gegenüber dem ursprünglichen Bewegt
- [math]\vec a = \frac {\partial \vec v}{\partial t} = \frac {\partial (\vec v_0 + \vec v_{rel})}{\partial t} = \vec a_{rel}[/math]
Folglich gilt das Grundgesetz der Punktmechanik gleichermassen für alle gleichförmig gegeneinander bewegte Bezugssysteme
- [math]\sum_i \vec F_i = m \vec a = m \vec a_{rel}[/math] falls a0 = 0
Newton ist bei seinen Überlegungen von einem absolut ruhenden Weltraum ausgegangen, auf den alle kinematischen Grössen (Ort, Geschwindigkeit, Beschleunigung) zu beziehen sind. Er hat aber gewusst, dass dessen absolute Ruhe mit seiner Theorie nicht nachzuweisen ist. Später hat man diese Einsicht verallgemeinert:
- Die Gesetzte der Mechanik gelten in allen Bezugsystemen, die sich gleichförmig gegenüber dem absoluten Raum bewegen (Relativitätsprinzip der Mechanik)
Flüssigkeitsbild
Im Flüssigkeitsbild erscheint das Bezugssystem als See. Die Lage des Seespiegels relativ zu den Weltmeeren entspricht dann der Geschwindigkeit des Bezugssystems gegenüber dem absoluten Raum. Die Impulsänderungsrate und auch die Dynamik eines Stosses zwischen zwei Körpern hängt nun nicht vom Niveau des umgebenden Sees ab. Sogar die Prozessleistung und die in der Stosszone umgesezte Energie haben keinen Bezug zur Geschwindigkeit des Bezugssytems. Nur die kinetische Energie und der zugeordnete Energiestrom hängen explizit von der Geschwindigkeit des Körpers relativ zum Bezugssystem ab.
Elektrodynamik
Ein elektrisch geladener Draht erzeugt ein zylindersymmetrisches, elektrisches Feld. Bewegt man sich längs des Drahtes, erhält man bezüglich des eigenen Bezugssystems einen elektrischen Strom. Dieser Strom ist von einem magnetischen Wirbelfeld umgeben, das man im Prinzip messen kann.
- Bewegt man sich gegen ein elektrisches Feld, misst man ein Magnetfeld.
Zwei Metallstäbe sind horizontal und parallel zueinander ausgerichtet. Im Raum zwischen den beiden Stäben existiert ein homogenes Magnetfeld, dessen Feldstärkevektor senkrecht nach oben zeigt. Sobald man einen Metallgleiter, der die beiden Stäbe leitend miteinander verbindet, über diese Schiene zieht, misst man eine Spannung zwischen den Stäben. Die Spannung wird um so grösser, je schneller sich der Gleiter über die Schiene bewegt. Die Spannung rührt vom E-Feld her, das im Metallgleiter induziert wird.
- Bewegt man sich gegen ein Magnetfeld, misst man ein elektrisches Feld.
Das elektromagnetische Feld wird von zwei Beobachter, die sich mit konstanter Geschwindigkeit gegeneinander Bewegen verschieden gesehen.
Die Maxwell-Gleichungen, die konstitutiven Gleichungen des elektromagnetischen Feldes, enthält das Quadrat der Lichtgeschwindigkeit c als Naturkonstante. Im SI ist das Produkt aus elektrischer und magnetischer Feldkonstante gleich dem Quadrat der Lichtgeschwindigkeit
[math]\mu_0 \epsilon_0 = \frac {1}{c^2}[/math]
Entweder gelten die Gesetze des elektromagnetischen Feldes nur bezüglich des absoluten Raumes oder das Quadrat der Lichtgeschwindigkeit ist in allen Inertialsystemen gleich gross.