Hydraulischer Widder

Ein hydraulischer Widder (Stossheber oder Wasserwidder) ist eine wassergetriebene, zyklisch arbeitende Pumpe. Der Widder nutzt den Druckstoss, um einen Teil des Wassers, mit dem die Pumpe angetrieben wird, auf ein höheres Niveau zu heben. Diese Pumpe eignet sich besonders für entlegene Regionen, da sie nur mit der Energie des fallenden Wassers betrieben wird.

Geschichte

hydraulischer Widder mit Windkessel

Die erste selbsttätige Widderpumpe wurde 1796 vom Franzosen Joseph Michel Montgolfier erfunden. Das erste amerikanische Patent wurde 1809 an J. Cerneau und S.S. Hallet erteilt. In den USA nahm das Interesse an hydraulischen Widdern ab etwa 1840 stark zu. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts ging das Interesse wieder zurück, als vermehrt elektrische Pumpen eingesetzt worden sind.

Aufbau und Prinzip

Ein hydraulischer Widder hat nur zwei bewegliche Teile, ein Stoßventil und ein Druckventil. Deswegen kann die Fertigung kostengünstig erfolgen, die Wartung ist einfach und das Aggregat ist extrem zuverlässig.

Weiter gibt es eine Treibleitung, die Wasser von einer erhöhten Quelle zuführt, und eine Steigleitung, die einen Teil des Wassers von der Treibleitung abzweigt und es zu einem Punkt fördert, der höher gelegen ist als die ursprüngliche Quelle (siehe auch ersten Weblink mit Animation).

Das Stoßventil wird entweder durch eine Feder oder durch Schwerkraft offengehalten, so dass im Ausgangszustand Wasser durch die Treibleitung weiter ins Freie strömen kann.

Wenn der Wasserfluss stark genug wird, dann drückt dieser das Stoßventil zu. Dieses bleibt geschlossen bis der Druck wieder ablässt. Das Druckventil dagegen wird durch eine Feder oder Wasserdruck zugehalten, es sei denn, der Druck am Ende der Treibleitung ist größer als der in der Steigleitung. In dem Fall öffnet es sich, so dass Wasser aus der Treibleitung in die Steigleitung fließen kann.

Der Zyklus läuft wie folgt ab: Das Stoßventil ist ursprünglich offen, das Druckventil ist geschlossen, und das Wasser ruht. Unter der Schwerkraft fängt das Wasser in der Treibleitung an zu fließen und wird schneller, bis es das Stoßventil schließt. Die Trägheit des fließenden Wassers erhöht den Druck recht massiv, bis sich das Druckventil öffnet und eine gewisse Menge Wasser schlagartig durch die Steigleitung entweicht. Weil das Wasser in der Steigleitung weiter steigen muss, als es in der Treibleitung fällt, verlangsamt es sich, und der Druck sinkt. Das erlaubt es dem Stoßventil sich wieder zu öffnen. Der Druck am Ende der Treibleitung wird wieder geringer als der in der Steigleitung, so dass sich das Druckventil schließt. Nun befindet sich etwas mehr Wasser in der Steigleitung als vorher. Der Zyklus beginnt erneut.

Eine häufig angebrachte Verbesserung ist ein Windkessel, der ein kleines Luftreservoir zwischen Pumpe und Steigleitung darstellt. Damit wird der Stoß gedämpft und, da der Fluss in der Steigleitung dann weniger stark schwankt, der Wirkungsgrad erhöht. Aus ähnlichen Gründen werden manchmal eine Zufuhrleitung und ein Behälter oberhalb der Treibleitung eingesetzt, damit die Treibleitung nicht zu lang wird. Die optimale Länge der Treibleitung ist das 5- bis 12-fache des Treibwassergefälles, oder das 500- bis 100-fache des Durchmesser der Treibleitung, je nachdem, was kleiner ist. Diese Länge ergibt typischerweise eine Zykluszeit von 1 bis 2 Sekunden. Der Wirkungsgrad liegt typischerweise bei 60%, aber es können auch Werte bis 80% erreicht werden.

Mit Hilfe einer Reihenschaltung mehrerer Widder hintereinander können auch große Förderhöhen erreicht werden, hierbei sinkt allerdings auch bei jeder Stufe die Menge des geförderten Wassers, dadurch, dass nur etwa 10% des durchfließenden Wassers weitergepumpt wird.

Die Treibleitung soll aus einem Metall bestehen, damit sie sich bei den Druckstößen nicht ausdehnt und die Stoßenergie in elastischen Verformungen „vernichtet”. Kunststoffschläuche z.B. sind ungeeignet. Jedoch sind flexible HDP-Rohre, wie sie für Wasserleitungen verwendet werden, zumindest bis 50mm Durchmesser fest genug.

Typische Betriebsprobleme

Typische Betriebs-Probleme sind Luft in der Treibleitung, Blockierung der Wasser-Zufuhr oder der Ventile, und Einfrieren im Winter. Zu wenig Luft im Windkessel kann durch ein kleines Luftventil (1 - 2mm Bohrung) knapp vor dem Rückschlagventil (Druckventil) vermieden werden. Dabei wird bei jedem Hub ein wenig Luft angesaugt und in den Kessel gedrückt.

Anwendung

Für Landwirtschaft, Berghütten und Ferienhäuser, die in der Nähe von fließenden Gewässern mit ausreichendem Strom liegen, werden zur Wasserversorgung gerne Widder benutzt. Meist handelt es sich um Anwesen in abgelegenen Gegenden, die weder an die öffentliche Wasserversorgung noch an das öffentliche Stromnetz angeschlossen sind, oder aus anderen Gründen nur zeitweilig genutzt werden.

Eine funktionsfähige Widderanlage kann in Rothenberg-Hinterbach besichtigt werden. Eine weitere funktionsfähige Widderanlage ist in Oberstdorf neben der Kirche in Betrieb.

Weblinks