Raumzeit: Unterschied zwischen den Versionen

 
 
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In der [[Relativitätstheorie]] werden [[Raum]] und [[Zeit]] zur vierdimensionalen '''Raumzeit''' vereinigt. Ein Raum-Zeit-Punkt heisst dann [[Ereignis]]. Das [[Skalarprodukt]] wird auf die Zeit ausgedehnt, womit der Abstandsbegriff eine neue Bedeutung bekommt, und die räumliche Drehung wird auf zur[[Lorentz-Transformation]] erweitert. Die Verteilung der [[Energie]] ([[Masse]]) und des [[Impujls]]es nehmen Einfluss auf die Gemotrie; der [[Energie-Impuls-Tensor]] bestimmt die Krümmung der Raumzeit-.
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In der [[Relativitätstheorie]] werden [[Raum]] und [[Zeit]] zur vierdimensionalen '''Raumzeit''' vereinigt. Einen Raum-Zeit-Punkt nennt man dann [[Ereignis]]. Das [[Skalarprodukt]] der Euklidschen Geometrie muss auf die Zeit ausgedehnt werden, womit der Abstandsbegriff eine neue Bedeutung bekommt. Die Drehung im Raum wird auf die spezielle [[Lorentz-Transformation]] erweitert. Im Gegensatz zum [[Bezugssystem|absoluten Raum]] der [[Newtonsche Axiome|Newtonschen Mechanik]] ist die Raumzeit nicht mehr a priori gegeben: die Verteilung von [[Energie]] ([[Masse]]) und [[Impuls]] beeinflussen die Geometrie der Raumzeit, da der [[Energie-Impuls-Tensor]] direkt die Krümmung der Raumzeit bestimmt.
   
 
== Raumzeit in der speziellen Relativitätstheorie ==
 
== Raumzeit in der speziellen Relativitätstheorie ==
=== Allgemeines ===
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=== Motivation ===
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Die Gesetze der Newtonschen [[Punktmechanik]] gelten in allen [[Inertialsystem]]en. Dies, weil im Grundgesetz der [[Translationsmechanik]], das den Bezug zwischen den [[Kraft|Kräften]] (Stärken der [[Impulsstrom|Impulsströme]] oder [[Impulsquelle]]n) und der Beschleunigung des Körpers herstellt, die [[Geschwindigkeit]] nicht in Erscheinung tritt. In den [[Maxwell-Gleichungen]], welche den Zusammenhang zwischen [[elektrische Ladung|elektrischer Ladung]] (Dichte und Stromdichte) und dem [[elektromagnetisches Feld|elektromagnetischen Feld]] beschreibt, taucht nun aber eine spezielle Geschwindigkeit, die des Lichtes, ''c'' genannt, als Naturkonstante auf. Somit gelten die Gesetze der [[Elektrodynamik]] nur dann in allen Intertialsystemen, wenn die Lichtgeschwindigkeit für jeden beliebigen [[Beobachter]] in einem dieser Systeme gleich ''c'' ist: die Lichtgeschwindigkeit muss in jedem Inertialsystem gleich gross sein, damit die Gesetze der Elektrodynamik in all diesen Systemen gültig sind.
In der [[spezielle Relativitätstheorie|speziellen Relativitätstheorie]] (SRT) werden die dreidimensionalen Raumkoordinaten <math>(x,y,z)</math> um eine Zeitkomponente <math>ct</math> zu einem [[Vierervektor]] erweitert, also <math>(ct,x,y,z)</math>.
 
   
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Die Forderung nach der Unabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit vom Beobachter legt die Geometrie der Raumzeit fest. Bewegt sich z.B. ein Lichtpuls in Richtung der ''x''-Koordinate, gilt für die Strecke zwischen zwei Punkten sowie für die Zeitpunkte, zu denen der Lichtblitz dort vorbei flitzt, der folgende Zusammenhang
Im dreidimensionalen kartesischen Koordinatensystem ist der differentielle räumliche Abstand zweier Punkte
 
   
:<math>\mathrm ds^2=\mathrm dx^2+\mathrm dy^2+\mathrm dz^2.</math>
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:<math>c = \frac {x_2 - x_1}{t_2 - t_1} = \frac {\Delta x}{\Delta t}</math>
   
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oder für unmittelbar benachbarte Punkte
Ein Punkt in der Raumzeit besitzt drei Raumkoordinaten sowie eine Zeitkoordinate und wird als '''Ereignis''' bezeichnet. Für Ereignisse wird ein raum-zeitlicher Abstand definiert
 
   
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:<math>c = \frac {dx}{dt}</math>
:<math>\mathrm ds^2=\eta_{\mu\nu}\mathrm dx^\mu \mathrm dx^\nu = c^2 \mathrm dt^2 - \mathrm dx^2 - \mathrm dy^2 - \mathrm dz^2.</math>
 
   
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Demnach muss, damit die Lichtgeschwindigkeit in der Raumzeit für jeden Beobachter gleich schnell ist, folgende Bedingung gelten
Dies ist die Metrik der flachen Raumzeit der SRT mit dem [[Metrischer Tensor|metrischen Tensor]] <math>\eta_{\mu\nu}=\mathrm{diag}(1,-1,-1,-1)</math>. Sie wird auch als [[Minkowski-Metrik]] bezeichnet. <math>\mathrm ds</math> heißt [[Linienelement]] und ist proportional zur [[Eigenzeit]] <math>\mathrm d\tau=c\,\mathrm ds</math>.
 
   
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:<math>cdt - dx = 0</math>
Indem man ''fordert'', dass dieser vierdimensionale Abstand (bzw. die Minkowski-Metrik) konstant (invariant) unter einer linearen Koordinatentransformation ist, definiert man die [[Lorentz-Transformation]]. Für Licht, das sich mit der Geschwindigkeit <math>c</math> bewegt, gilt für alle Zeiten und Bezugssysteme <math>\mathrm ds=0</math>. Daraus ergibt sich die '''Konstanz der Lichtgeschwindigkeit''', das Ausgangsprinzip der speziellen Relativitätstheorie.
 
   
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Diese Bedingung ist bezüglich des Vorzeichens nicht eindeutig und lässt sich so auch nicht auf alle drei Dimensionen des Raumes ausdehnen. Verlangt man etwas weniger einschränkend, dass das Quadrat der Lichtgeschwindigkeit für jeden Beobachter auf einem beliebigen Inertialsystemen gleich gross ist, erhält man die folgender Bedingung
Zwei Ereignisse, für die das Argument der Wurzel positiv ist, sind raum-zeitlich so weit entfernt, dass ein Lichtstrahl nicht von einem zum anderen Ereignis gelangen kann. Hierzu wäre Überlichtgeschwindigkeit nötig. Da Information entweder über Licht oder Materie übertragen wird und Materie in der Relativitätstheorie niemals die Lichtgeschwindigkeit erreichen kann (und somit auch nicht schneller als diese sein kann), können solche Ereignisse niemals in einer [[Kausalität|Ursache-Wirkung-Beziehung]] stehen. Die Raumzeit ist also zweigeteilt: Ereignisse mit imaginärem Raumzeit-Abstand kann ein Beobachter sehen. Ereignisse, die zu weit entfernt sind und nur mit Überlichtgeschwindigkeit wahrgenommen werden können, sind prinzipiell unsichtbar.
 
   
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:<math>c^2dt^2 - dx^2 - dy^2 - dz^2 = c^2dt^2 - ds^2 = 0</math>
=== Motivation der Minkowski-Metrik ===
 
   
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Aus dieser Bedingung folgt, dass das Quadrat jeder raumzeitlichen Strecke oder Distanz zwischen zwei Ereignissen ''S''
* Betrachtet man den [[Differentialoperator]] <math>\Box</math> der [[Wellengleichung]]
 
   
:<math>\Box=\frac{1}{c^2}\frac{\partial^2}{\partial t^2}-\vec\nabla^2,</math>
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:<math>S^2 = c^2\Delta t^2 - \Delta x^2 - \Delta y^2 - \Delta z^2</math>
   
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von jedem Inertialsystem aus gesehen gleich gross ist. Ist ''S''<sup>2</sup> kleiner Null, nennt man die Distanz '''raumartig''', ist ''S''<sup>2</sup> grösser Null, heisst die Distanz '''zeitartig'''. Zu jeder raumartigen Distanz findet man ein Inertialsystem, in dem der Zeitunterschied verschwindet. ''S'' entspricht dann der geometrischen Strecke im Raum. Zu jeder zeitartigen Distanz gehört ein Inertialsystem, bezüglich dessen die räumliche Länge verschwindet. ''S/c'' = ''&tau;'' ist dann der zugehörige Zeitabschnitt. ''&tau;'' heisst auch Eigenzeit.
:so sieht man, dass man <math>\Box=\partial_\mu \partial^\mu</math> schreiben kann, wenn man die folgenden zwei Vierervektoren einführt:
 
   
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=== Skalarprodukt ===
:<math>\partial_\mu=(c\frac{\partial}{\partial t},\vec\nabla) \quad\wedge\quad \partial^\mu=(-c\frac{\partial}{\partial t},\vec\nabla)</math>
 
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Nimmt man die Zeit als nullte Komponente des Raumes, sollte sie auch die gleiche Einheit wie eine Länge aufweisen. Wir führen deshalb eine neue Zeitkoordinate ''T = ct'' ein, welche in Metern gemessen wird. Vergleicht man die zeitliche Länge mit der räumlichen, wird auch klar, wieso wir mit der Raumzeit unsere liebe Mühe haben. Im Raum können wir eine Distanz von 0.3 Millimeter (0.0003 m) problemlos erkennen. Unser zeitliches Auflösungsvermögen liegt bei etwa 0.1 s, was einer zeitlichen Distanz von 30'000'000 m entspricht. Somit liegt beim Menschen das Verhältnis von räumlichem zum zeitlichen Auflösungsvermögen bei etwa eins zu hundert Milliarden.
   
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Die Distanz zwischen den Ereignissen (''T<sub>1</sub>'', ''x<sub>1</sub>'', ''y<sub>1</sub>'', ''z<sub>1</sub>'') und (''T<sub>2</sub>'', ''x<sub>2</sub>'', ''y<sub>2</sub>'', ''z<sub>2</sub>'') ist dann gleich
:In diesem Fall tritt die Zeit als vierte Dimension auf, die Metrik <math>\eta_{\mu\nu}</math> muss also eine <math>4\times 4</math>-Matrix sein.
 
   
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:<math>S^2 = \Delta T^2 - \Delta x^2 - \Delta y^2 - \Delta z^2</math>
* Da die vier Dimensionen [[linear unabhängig]] sind, lässt sich <math>\eta_{\mu\nu}</math> auf Diagonalform bringen ([[Hauptachsentransformation]]):
 
   
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Daraus folgt, dass in der Raumzeit das "Skalarprodukt" zwischen den beiden Vektoren '''''a''''' und '''''b''''' wie folgt gebildet wird
:<math>(\eta_{\mu\nu})=\left(\begin{array}{cccc} \alpha_0 & 0 & 0 & 0 \\ 0 & \alpha_1 & 0 & 0 \\ 0 & 0 & \alpha_2 & 0 \\ 0 & 0 & 0 & \alpha_3 \end{array}\right)</math>
 
   
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:<math>\vec a \cdot \vec b = a_0 b_0 - a_1 b_1 - a_2 b_2 - a_3 b_3</math>
* Da keine der Raumzeit-Koordinaten ausgezeichnet ist, können die Diagonalelemente nur <math>\pm 1</math> sein. Für die Raumkoordinaten wählt man meist <math>-1</math>. Dies ist aber eine Konvention, die nicht einheitlich verwendet wird.
 
   
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Führt man nun den speziellen metrischen [[Tensor]] ''&eta;<sub>ij</sub>'' ein, der wie folgt definiert ist
:<math>(\eta_{\mu\nu})=\left(\begin{array}{cccc} \pm1 & 0 & 0 & 0 \\ 0 & -1 & 0 & 0 \\ 0 & 0 & -1 & 0 \\ 0 & 0 & 0 & -1 \end{array}\right)</math>
 
   
 
:<math>\eta^{ij} = \begin{pmatrix} 1 & 0 & 0 & 0 \\ 1 & -1 & 0 & 0 \\ 1 & 0 & -1 & 0 \\ 1 & 0 & 0 & -1 \end{pmatrix}</math>
* Die Zeitkomponente kann nicht dasselbe Vorzeichen haben wie die Raumkomponenten! Betrachte dazu den [[Differentialoperator]] <math>\Box</math> der [[Wellengleichung]]:
 
   
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lässt sich das "Skalarprodukt" mit Hilfe der [[Einsteinnotation]] kompakt schreiben
:<math>\Box=\partial_\mu\partial^\mu=\eta_{\mu\nu}\partial^\mu\partial^\nu</math>
 
   
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:<math>\vec a \cdot \vec b = \eta^{ij} a_i b_j</math>
:Daraus ergäbe sich als homogene Wellengleichung für eine Welle <math>\psi</math>
 
   
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Die Distanz zwischen zwei Ereignissen ist dann gleich
:<math>\left(\vec\nabla^2+\frac{1}{c^2}\frac{\partial^2}{\partial t^2}\right)\psi=0</math>
 
   
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:<math>S = \sqrt{\eta^{ij} \Delta x_i \Delta x_j}</math>
:Setzt man nun für <math>\psi</math> eine [[ebene Welle]] an, d.h. <math>\psi(\vec r,t)=A\,e^{i(\vec k\cdot\vec r-\omega t)}</math>, so ergäbe sich eine komplexe Frequenz und damit wäre <math>\psi</math> exponentiell gedämpft. In diesem Fall gäbe es also keine dauerhaften ebenen Wellen, was im Widerspruch zur Beobachtung steht. Folglich muss die Zeitkomponente ein anderes Vorzeichen haben:
 
   
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wobei der Distanzvektor ''&Delta;'''x''''' die Komponenten (''&Delta; T = &Delta; ct, &Delta; x, &Delta; y, &Delta; z'') aufweist.
   
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=== Weltlinie ===
:<math>(\eta_{\mu\nu})=\left(\begin{array}{cccc} 1 & 0 & 0 & 0 \\ 0 & -1 & 0 & 0 \\ 0 & 0 & -1 & 0 \\ 0 & 0 & 0 & -1 \end{array}\right)</math>
 
   
:Daraus ergibt sich dann die korrekte homogene Wellengleichung:
 
 
:<math>\left(\vec\nabla^2-\frac{1}{c^2}\frac{\partial^2}{\partial t^2}\right)\psi=0</math>
 
 
=== Minkowski-Diagramm ===
 
 
Im [[Minkowski-Diagramm]] können die Verhältnisse geometrisch dargestellt und analysiert werden. Wegen der komplexen Eigenschaft der Zeitkomponente wird dort die Drehung der Zeitachse mit umgekehrtem Vorzeichen wie die Drehung der Koordinatenachse dargestellt.
 
   
 
== Raumzeit in der allgemeinen Relativitätstheorie ==
 
== Raumzeit in der allgemeinen Relativitätstheorie ==
   
 
=== Nichteuklidische Geometrien ===
 
=== Nichteuklidische Geometrien ===
 
 
Grundlage zur Beschreibung der Raumzeit ''(ct,x,y,z)'' in der [[allgemeine Relativitätstheorie|allgemeinen Relativitätstheorie]] ist die [[Riemannsche Geometrie]]. Die Koordinatenachsen sind hier nichtlinear, was als Raumkrümmung interpretiert werden kann. Für die vierdimensionale Raumzeit werden die gleichen mathematischen Hilfsmittel wie zur Beschreibung einer zweidimensionalen Kugeloberfläche oder für Sattelflächen herangezogen. Als unumstößlich angesehene Aussagen der euklidischen Geometrie, insbesondere das [[Parallelenaxiom]], müssen in diesen Theorien aufgegeben und durch allgemeinere Beziehungen ersetzt werden. Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist hier beispielsweise kein [[Gerade]]nteilstück mehr. Einer Geraden in der euklidischen Geometrie entspricht die [[Geodäte]] in der nicht-euklidischen Welt; im Falle einer Kugeloberfäche sind die Geodäten die [[Großkreis]]e. Die Winkelsumme im - aus Geodätenabschnitten bestehenden - Dreieck ist auch nicht mehr 180 Grad. Im Falle der Kugeloberfläche ist sie größer als 180 Grad, im Falle von Sattelflächen dagegen kleiner.
 
Grundlage zur Beschreibung der Raumzeit ''(ct,x,y,z)'' in der [[allgemeine Relativitätstheorie|allgemeinen Relativitätstheorie]] ist die [[Riemannsche Geometrie]]. Die Koordinatenachsen sind hier nichtlinear, was als Raumkrümmung interpretiert werden kann. Für die vierdimensionale Raumzeit werden die gleichen mathematischen Hilfsmittel wie zur Beschreibung einer zweidimensionalen Kugeloberfläche oder für Sattelflächen herangezogen. Als unumstößlich angesehene Aussagen der euklidischen Geometrie, insbesondere das [[Parallelenaxiom]], müssen in diesen Theorien aufgegeben und durch allgemeinere Beziehungen ersetzt werden. Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist hier beispielsweise kein [[Gerade]]nteilstück mehr. Einer Geraden in der euklidischen Geometrie entspricht die [[Geodäte]] in der nicht-euklidischen Welt; im Falle einer Kugeloberfäche sind die Geodäten die [[Großkreis]]e. Die Winkelsumme im - aus Geodätenabschnitten bestehenden - Dreieck ist auch nicht mehr 180 Grad. Im Falle der Kugeloberfläche ist sie größer als 180 Grad, im Falle von Sattelflächen dagegen kleiner.
   
 
=== Raumzeit-Krümmung ===
 
=== Raumzeit-Krümmung ===
 
 
Die Krümmung von Raum und Zeit wird durch Masse, Strahlung und Druck verursacht; diese Größen bilden zusammen den [[Energie-Impuls-Tensor]] und gehen in die [[Einsteinsche Feldgleichungen|Einsteingleichungen]] als Quelle des Gravitationsfeldes ein. Die daraus resultierende krummlinige Bewegung von kräftefreien Körpern entlang der Geodäten wird der Gravitationsbeschleunigung zugeschrieben; in diesem Modell existiert so etwas wie eine Gravitationskraft nicht mehr. In einem infinitesimalen Raumabschnitt (lokale Karte) besitzt das erzeugte Gravitationsfeld stets die flache Metrik der [[Spezielle Relativitätstheorie|speziellen Relativitätstheorie]]. Dies wird durch eine konstante Raumkrümmung mit dem Faktor ''g/c<sup>2</sup>'' beschrieben. Die Krümmung der Weltlinien (Bewegungskurven in der Raumzeit) aller kräftefreien Körper in diesem Raumabschnitt ist gleich.
 
Die Krümmung von Raum und Zeit wird durch Masse, Strahlung und Druck verursacht; diese Größen bilden zusammen den [[Energie-Impuls-Tensor]] und gehen in die [[Einsteinsche Feldgleichungen|Einsteingleichungen]] als Quelle des Gravitationsfeldes ein. Die daraus resultierende krummlinige Bewegung von kräftefreien Körpern entlang der Geodäten wird der Gravitationsbeschleunigung zugeschrieben; in diesem Modell existiert so etwas wie eine Gravitationskraft nicht mehr. In einem infinitesimalen Raumabschnitt (lokale Karte) besitzt das erzeugte Gravitationsfeld stets die flache Metrik der [[Spezielle Relativitätstheorie|speziellen Relativitätstheorie]]. Dies wird durch eine konstante Raumkrümmung mit dem Faktor ''g/c<sup>2</sup>'' beschrieben. Die Krümmung der Weltlinien (Bewegungskurven in der Raumzeit) aller kräftefreien Körper in diesem Raumabschnitt ist gleich.
   
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:<math>R=\frac{g}{v^2} \cdot \left(1 + \frac{v^2}{c^2} \right)</math>.
 
:<math>R=\frac{g}{v^2} \cdot \left(1 + \frac{v^2}{c^2} \right)</math>.
 
=== Raumkrümmung und Zentrifugalbeschleunigung ===
 
 
Für kleine Geschwindigkeiten ''v<<c'' ist die Bahnkrümmung ''g/v<sup>2</sup>'' und entspricht damit dem Wert bei einer klassischen Zentrifugalbeschleunigung. Für Lichtstrahlen mit ''v=c'' hat der Faktor ''(1 + v<sup>2</sup>/c<sup>2</sup>)'' den Wert ''2'', die Krümmung entspricht also dem doppelten Wert ''2g/v<sup>2</sup>'' der klassischen Betrachtung. Die Winkelabweichung von Sternenlicht der Fixsterne in Sonnenähe sollte also doppelt so groß sein wie im klassischen Fall. Dies wurde durch eine Afrikaexpedition zur Beobachtung der [[Sonnenfinsternis]] von [[1919]] durch [[Arthur Stanley Eddington|Arthur Eddington]] zuerst verifiziert.
 
 
Wegen der geringen Abweichung vom klassischen Wert sind die Planetenbahnen auch keine exakten Ellipsen mehr, sondern Rosetten. An der [[Periheldrehung]] des Planeten [[Merkur (Planet)|Merkur]] wurde dies erstmals nachgewiesen.
 
   
 
== Symmetrien ==
 
== Symmetrien ==
 
 
Die Raumzeit ist charakterisiert durch eine Anzahl von [[Symmetrie (Physik)|Symmetrien]], die sehr wichtig für die darin geltende Physik sind. Zu diesen Symmetrien zählen neben den Symmetrien des Raumes ([[Translation (Mathematik)|Translation]], [[Rotationsbewegung|Rotation]]) auch die Symmetrien unter [[Lorentztransformation]]en (Wechsel zwischen Bezugssystemen verschiedener Geschwindigkeit). Letzteres stellt das [[Relativitätsprinzip]] sicher.
 
Die Raumzeit ist charakterisiert durch eine Anzahl von [[Symmetrie (Physik)|Symmetrien]], die sehr wichtig für die darin geltende Physik sind. Zu diesen Symmetrien zählen neben den Symmetrien des Raumes ([[Translation (Mathematik)|Translation]], [[Rotationsbewegung|Rotation]]) auch die Symmetrien unter [[Lorentztransformation]]en (Wechsel zwischen Bezugssystemen verschiedener Geschwindigkeit). Letzteres stellt das [[Relativitätsprinzip]] sicher.
 
== Weblinks ==
 
*[[Albert Einstein]]: ''Space-Time'', der klassische Lexikonartikel der Encyclopædia Britannica [http://preview.britannica.co.kr/spotlights/classic/eins1.html 1926]
 
   
   

Aktuelle Version vom 29. Juli 2007, 08:47 Uhr

In der Relativitätstheorie werden Raum und Zeit zur vierdimensionalen Raumzeit vereinigt. Einen Raum-Zeit-Punkt nennt man dann Ereignis. Das Skalarprodukt der Euklidschen Geometrie muss auf die Zeit ausgedehnt werden, womit der Abstandsbegriff eine neue Bedeutung bekommt. Die Drehung im Raum wird auf die spezielle Lorentz-Transformation erweitert. Im Gegensatz zum absoluten Raum der Newtonschen Mechanik ist die Raumzeit nicht mehr a priori gegeben: die Verteilung von Energie (Masse) und Impuls beeinflussen die Geometrie der Raumzeit, da der Energie-Impuls-Tensor direkt die Krümmung der Raumzeit bestimmt.

Raumzeit in der speziellen Relativitätstheorie

Motivation

Die Gesetze der Newtonschen Punktmechanik gelten in allen Inertialsystemen. Dies, weil im Grundgesetz der Translationsmechanik, das den Bezug zwischen den Kräften (Stärken der Impulsströme oder Impulsquellen) und der Beschleunigung des Körpers herstellt, die Geschwindigkeit nicht in Erscheinung tritt. In den Maxwell-Gleichungen, welche den Zusammenhang zwischen elektrischer Ladung (Dichte und Stromdichte) und dem elektromagnetischen Feld beschreibt, taucht nun aber eine spezielle Geschwindigkeit, die des Lichtes, c genannt, als Naturkonstante auf. Somit gelten die Gesetze der Elektrodynamik nur dann in allen Intertialsystemen, wenn die Lichtgeschwindigkeit für jeden beliebigen Beobachter in einem dieser Systeme gleich c ist: die Lichtgeschwindigkeit muss in jedem Inertialsystem gleich gross sein, damit die Gesetze der Elektrodynamik in all diesen Systemen gültig sind.

Die Forderung nach der Unabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit vom Beobachter legt die Geometrie der Raumzeit fest. Bewegt sich z.B. ein Lichtpuls in Richtung der x-Koordinate, gilt für die Strecke zwischen zwei Punkten sowie für die Zeitpunkte, zu denen der Lichtblitz dort vorbei flitzt, der folgende Zusammenhang

[math]c = \frac {x_2 - x_1}{t_2 - t_1} = \frac {\Delta x}{\Delta t}[/math]

oder für unmittelbar benachbarte Punkte

[math]c = \frac {dx}{dt}[/math]

Demnach muss, damit die Lichtgeschwindigkeit in der Raumzeit für jeden Beobachter gleich schnell ist, folgende Bedingung gelten

[math]cdt - dx = 0[/math]

Diese Bedingung ist bezüglich des Vorzeichens nicht eindeutig und lässt sich so auch nicht auf alle drei Dimensionen des Raumes ausdehnen. Verlangt man etwas weniger einschränkend, dass das Quadrat der Lichtgeschwindigkeit für jeden Beobachter auf einem beliebigen Inertialsystemen gleich gross ist, erhält man die folgender Bedingung

[math]c^2dt^2 - dx^2 - dy^2 - dz^2 = c^2dt^2 - ds^2 = 0[/math]

Aus dieser Bedingung folgt, dass das Quadrat jeder raumzeitlichen Strecke oder Distanz zwischen zwei Ereignissen S

[math]S^2 = c^2\Delta t^2 - \Delta x^2 - \Delta y^2 - \Delta z^2[/math]

von jedem Inertialsystem aus gesehen gleich gross ist. Ist S2 kleiner Null, nennt man die Distanz raumartig, ist S2 grösser Null, heisst die Distanz zeitartig. Zu jeder raumartigen Distanz findet man ein Inertialsystem, in dem der Zeitunterschied verschwindet. S entspricht dann der geometrischen Strecke im Raum. Zu jeder zeitartigen Distanz gehört ein Inertialsystem, bezüglich dessen die räumliche Länge verschwindet. S/c = τ ist dann der zugehörige Zeitabschnitt. τ heisst auch Eigenzeit.

Skalarprodukt

Nimmt man die Zeit als nullte Komponente des Raumes, sollte sie auch die gleiche Einheit wie eine Länge aufweisen. Wir führen deshalb eine neue Zeitkoordinate T = ct ein, welche in Metern gemessen wird. Vergleicht man die zeitliche Länge mit der räumlichen, wird auch klar, wieso wir mit der Raumzeit unsere liebe Mühe haben. Im Raum können wir eine Distanz von 0.3 Millimeter (0.0003 m) problemlos erkennen. Unser zeitliches Auflösungsvermögen liegt bei etwa 0.1 s, was einer zeitlichen Distanz von 30'000'000 m entspricht. Somit liegt beim Menschen das Verhältnis von räumlichem zum zeitlichen Auflösungsvermögen bei etwa eins zu hundert Milliarden.

Die Distanz zwischen den Ereignissen (T1, x1, y1, z1) und (T2, x2, y2, z2) ist dann gleich

[math]S^2 = \Delta T^2 - \Delta x^2 - \Delta y^2 - \Delta z^2[/math]

Daraus folgt, dass in der Raumzeit das "Skalarprodukt" zwischen den beiden Vektoren a und b wie folgt gebildet wird

[math]\vec a \cdot \vec b = a_0 b_0 - a_1 b_1 - a_2 b_2 - a_3 b_3[/math]

Führt man nun den speziellen metrischen Tensor ηij ein, der wie folgt definiert ist

[math]\eta^{ij} = \begin{pmatrix} 1 & 0 & 0 & 0 \\ 1 & -1 & 0 & 0 \\ 1 & 0 & -1 & 0 \\ 1 & 0 & 0 & -1 \end{pmatrix}[/math]

lässt sich das "Skalarprodukt" mit Hilfe der Einsteinnotation kompakt schreiben

[math]\vec a \cdot \vec b = \eta^{ij} a_i b_j[/math]

Die Distanz zwischen zwei Ereignissen ist dann gleich

[math]S = \sqrt{\eta^{ij} \Delta x_i \Delta x_j}[/math]

wobei der Distanzvektor Δx die Komponenten (Δ T = Δ ct, Δ x, Δ y, Δ z) aufweist.

Weltlinie

Raumzeit in der allgemeinen Relativitätstheorie

Nichteuklidische Geometrien

Grundlage zur Beschreibung der Raumzeit (ct,x,y,z) in der allgemeinen Relativitätstheorie ist die Riemannsche Geometrie. Die Koordinatenachsen sind hier nichtlinear, was als Raumkrümmung interpretiert werden kann. Für die vierdimensionale Raumzeit werden die gleichen mathematischen Hilfsmittel wie zur Beschreibung einer zweidimensionalen Kugeloberfläche oder für Sattelflächen herangezogen. Als unumstößlich angesehene Aussagen der euklidischen Geometrie, insbesondere das Parallelenaxiom, müssen in diesen Theorien aufgegeben und durch allgemeinere Beziehungen ersetzt werden. Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist hier beispielsweise kein Geradenteilstück mehr. Einer Geraden in der euklidischen Geometrie entspricht die Geodäte in der nicht-euklidischen Welt; im Falle einer Kugeloberfäche sind die Geodäten die Großkreise. Die Winkelsumme im - aus Geodätenabschnitten bestehenden - Dreieck ist auch nicht mehr 180 Grad. Im Falle der Kugeloberfläche ist sie größer als 180 Grad, im Falle von Sattelflächen dagegen kleiner.

Raumzeit-Krümmung

Die Krümmung von Raum und Zeit wird durch Masse, Strahlung und Druck verursacht; diese Größen bilden zusammen den Energie-Impuls-Tensor und gehen in die Einsteingleichungen als Quelle des Gravitationsfeldes ein. Die daraus resultierende krummlinige Bewegung von kräftefreien Körpern entlang der Geodäten wird der Gravitationsbeschleunigung zugeschrieben; in diesem Modell existiert so etwas wie eine Gravitationskraft nicht mehr. In einem infinitesimalen Raumabschnitt (lokale Karte) besitzt das erzeugte Gravitationsfeld stets die flache Metrik der speziellen Relativitätstheorie. Dies wird durch eine konstante Raumkrümmung mit dem Faktor g/c2 beschrieben. Die Krümmung der Weltlinien (Bewegungskurven in der Raumzeit) aller kräftefreien Körper in diesem Raumabschnitt ist gleich.

In vielen populären Darstellungen der allgemeinen Relativitätstheorie wird häufig nicht beachtet, dass nicht nur der Raum, sondern auch die Zeit gekrümmt sein muss, um ein Gravitationsfeld zu erzeugen. Dass stets Raum und Zeit gekrümmt sein müssen, ist anschaulich leicht zu verstehen: Wäre nur der Raum gekrümmt, so wäre die Trajektorie eines geworfenen Steines immer dieselbe, egal welche Anfangsgeschwindigkeit der Stein besäße, da er stets nur dem gekrümmten Raum folgen würde. Nur durch die zusätzliche Krümmung der Zeit können die verschiedenen Trajektorien zustande kommen. Im Rahmen der ART kann dies auch mathematisch gezeigt werden.

Im normalen, dreidimensionalen Raum ist nur die Projektion der Weltlinien auf die Bewegungsebene sichtbar. Hat der Körper die Geschwindigkeit v, so ist die Weltlinie gegenüber der Zeitachse geneigt, und zwar um den Winkel [math]\tan \alpha=v/c[/math]. Die Projektion der Bahn wird mit steigendem v um den Faktor [math]1/\sin \alpha[/math] länger, der Krümmungsradius um den gleichen Faktor [math]1/\sin \alpha[/math] größer, die Winkeländerung also kleiner. Die Krümmung (Winkeländerung pro Längenabschnitt) ist daher um den Faktor [math]sin^2\alpha[/math] kleiner.

Mit

[math]\sin \alpha=\frac{v}{c}\frac{1}{\sqrt{1 + \frac{v^2}{c^2}}}[/math]

folgt dann aus der Weltlinienkrümmung g/c2 für die beobachtete Bahnkrümmung [math]R[/math] im dreidimensionalen Raum

[math]R=\frac{g}{v^2} \cdot \left(1 + \frac{v^2}{c^2} \right)[/math].

Symmetrien

Die Raumzeit ist charakterisiert durch eine Anzahl von Symmetrien, die sehr wichtig für die darin geltende Physik sind. Zu diesen Symmetrien zählen neben den Symmetrien des Raumes (Translation, Rotation) auch die Symmetrien unter Lorentztransformationen (Wechsel zwischen Bezugssystemen verschiedener Geschwindigkeit). Letzteres stellt das Relativitätsprinzip sicher.